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Die zauberhafte Welt von Web 3.0: Was ist Web 3.0? Was hat Krypto damit zu tun? Ist Web 3.0 die Zukunft? | 08.12.2021

Buzzword-Alarm? Oder wirklich die Zukunft des Internets? Web 3.0 geistert immer häufiger durch einschlägige Communities. Eine richtige (gute) Definition gibt es allerdings (noch) nicht.

Dieser Mangel an Definition führt dazu, dass sich die (Tech-)Welt in zwei Lager aufspaltet. Die einen sehen in Web 3.0 nur einen Hype, welcher durch die Krypto-Begeisterung befeuert wird. Andere wiederum erkennen in Web 3.0 nicht weniger als eine Revolution der Kommunikation, und nach Web 1.0 und Web 2.0 als das nächste große Ding.

Am Anfang stand Web 1.0

Web 1.0 war nicht viel mehr (oder weniger) als das Verlinken von Dokumenten über Hyperlinks. Die Dokumente waren versteckt auf den verschiedensten Webservern (Software wie Apache oder Nginx waren noch nicht verbreitet oder bekannt). Das Internet - und somit Web 1.0 - war damals ein Ort, an welchem sich Expert:innen untereinander mit Dokumenten versorgten.

Die Kommunikationsbeziehung war Pull. D.h. im Web 1.0-Zeitalter (bis ca. 2004) wurden Informationen einseitig bereitgestellt und konsumiert. Heute sprechen einige Expert:innen vom Read-only-Web. Bitte nicht falsch verstehen, das Web 1.0 war nicht schlecht. Ganz im Gegenteil: Web 1.0 war eine tolle Errungenschaft und führte erstmalig zu einem globalen Austausch, an welchem sich alle Nutzer:innen bedienen konnten. Das Geschäftsmodell war recht simpel: Es gab keines. Im Internet des Web 1.0-Zeitalters konnte mit Inhalten nur bedingt Geld verdient werden (abgesehen von exklusiven Inhalten, die nur gegen ein Entgelt angeboten wurden, Schlagwort Paywall).

Aus 1 mach 2: Web 2.0 (oder Social Web)

Ab ca. 2004 kam Web 2.0. Mit Web 2.0 wurde nahezu jeder befähigt, eigenen Content, genauer gesagt eigene Inhalte, zu erstellen. War im Web 1.0 der Ansatz vordergründig in akademischen Bereichen und statischen Miteinander, war mit Web 2.0 der Ansatz ein gänzlich anderer. Erstmals konnten ganz Nutzer:innen auf Inhalt reagieren, eigenen Content erstellen und verbreiten.

Mit Web 2.0 wurde auch das Werbe-Targeting eingeführt. Nutzer:innen wurden aufgrund ihrer Aktivitäten in Cluster eingeteilt und gezielt mit gewissen Inhalten wie Werbung oder einem individuellen Newsfeed angesprochen.

Vertreter von Web 2.0-orientierten Produkten, genauer gesagt sind damit Techkonzerne gemeint, die auf der Web 2.0-Welle ritten, sind Anbieter wie Facebook, YouTube, Microsoft, Amazon oder Twitter (die Liste ist natürlich nicht abschließend). Das Geschäftsmodell änderte sich. Nun war es erstmals möglich unabhängig von Premiumdiensten Geld im Internet zu verdienen. Heile schöne Welt? Mitnichten! Denn die Resultate der Entwicklungen, die durch Web 2.0 in Gang gesetzt wurden, sehen wir heute (im Jahr 2021) zu teilen sehr kritisch.

Neben dieser kritischen Betrachtung des Internets kommt noch ein zweiter Aspekt dazu: Krypto.

Warum ist Web 3.0 überhaupt notwendig?

Eigentlich funktioniert alles ganz hervorragend im Web 2.0. Nutzer:innen können die Inhalte, die sie suchen, finden und Inhalte mit Freunden und Bekannten teilen. Aber bei einem genauen Blick auf die Architekturen fällt auf, dass dieses vermeintlich (dezentrale) heile Welt ein zentrales Netz von Internet Service Providers ist. Hinzu kommt der Wunsch der Nutzer:innen, Kontrolle über die eigenen Daten zu behalten.

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Web 3.0 und der Besitz an eigenen Daten

Fast alle Services, die im Internet laufen, bauen auf den Infrastrukturen der großen Tech-Konzerne auf. Wir nutzen den Cloudspeicher von Amazon, kaufen Cloud-Rechenleistung (Cloud-Computing) bei Microsoft. Benutzen die Content-Analysen, die uns Google von zentraler Stelle bereitstellt, um gesuchte Inhalte zu finden. Wie verbreiten persönliche Informationen in Netzwerken wie YouTube, Instagram oder Twitter. Und all das, ohne Einfluss über unsere eigenen Daten und deren Verwertung zu haben/behalten.

Genau dies soll sich nun ändern. Web 3.0 soll Freiheit von den großen Internet-Service-Providern gewährleisten. Das Geschäftsmodell der großen Anbieter sind unsere Daten. Und sobald diese Daten einmal preisgegeben wurden, hat das Individuum die Kontrolle darüber verloren.

Neben den persönlichen Daten und Informationen, geht es auch um andere Prozesse, die dezentralisiert werden sollen. So soll Web 3.0 ermöglichen, Websites oder Apps dezentral und ohne Rechenzentrumsbindung zu betreiben. Ausfälle einzelner Carrier bzw. Rechenzentren, DDOS-Angriffe oder auch nur der schlechte Ping wird es nicht mehr geben. Web 3.0 sei Dank.

Was ist so falsch an zentralisierten Diensten?

Es geht aber nicht nur um die Hoheit an den eigenen Daten. Es geht in Web 3.0 auch um Transaktionskosten. Wenn ich heute einen Server anmiete, zahle ich dafür einen monatlichen oder minütlichen Endpreis. Wenn ich online etwas einkaufe, habe ich Transaktionsgebühren für den Kaufvorgang und auf der anderen Seite fallen ebenfalls Kosten für die Bereitstellung an. Und dies wird von Web 3.0-Enthusiast:innen kritisch gesehen.

Es geht bei Web 3.0 um gewisse Transaktionen im Internet, die nur Einzelpersonen oder kleine Gruppen betreffen. Diese Transaktionen sollen in der Web 3.0-Welt unabhängig von den Serviceleistungen großer Anbieter durchgeführt werden können. Die Idee ist also miteinander zu kommunizieren, ohne einen (Mittels-)Provider zu nutzen. Der große Vorteil dabei ist, dass durch den Wegfall der Provider, sprich der Leistungserbringer, die für den Austausch der Kommunikation zuständig sind und dafür bezahlt werden, die Hoheit über die Daten bei den Nutzer:innen verbleibt und eine direkte Abrechnung der Transaktionen erfolgt. Und genau das beschreibt die Idee Web 3.0 (meiner Ansicht nach).

Was haben Kryptowährungen mit Web 3.0 zu tun?

Wer über Web 3.0 schreibt, kommt am Wort Kryptowährungen nicht vorbei. Und dies hat auch einen Grund: Wenn wir über Web 3.0 sprechen, meinen wir damit automatisch auch Krypto-Technologien - also die Blockchain! Diese Verknüpfung lässt bei vielen Autor:innen in Bezug auf Web 3.0 ein eher negatives Gefühl aufkommen.

Tatsächlich verhält es sich so, dass gar nicht die eigentliche Kryptowährung (also ein Bitcoin oder ein ETC) notwendig ist, um die Anwendungen zu betreiben. Die Aufgabe von Kryptowährungen im Kontext von Web 3.0 besteht darin, Informationsflüsse zu legitimieren und Leistungserbringer zu vergüten. Und dafür wird die Blockchain genutzt. Du benötigst also kein großes Bitcoin-Wallet, um eine Web 3.0 Applikation zu entwickeln. Was du aber benötigst, ist die Idee, genauer gesagt das Protokoll, welches hinter Kryptowährungen steht. Aber die Blockchain alleine ist nicht ausreichend für Web 3.0-Services. Speicherplatz und Rechenleistung werden auch weiterhin notwendig sein. D.h. es bedarf auch im Web 3.0-Zeitalter Netzwerke.

Web 3.0 braucht Netzwerke, Netzwerke und Netzwerke

Web 3.0 ermöglicht also die direkte Kommunikation ohne Serviceprovider. Aber wie genau passiert das? Es ist wichtig zu verstehen, dass mit Web 3.0 mehrere Technologien und somit Netzwerke genutzt werden (sollen). Das eine Netzwerk, die Blockchain, habe ich ja bereits erwähnt. Das zweite Netzwerk ist Peer-to-Peer. Die Informationen werden, signiert durch die Blockchain, in das Netzwerk übertragen. Die Netzwerke werden von dezentralisierten autonomen Organisationen (Decentralized Autonomous Organizations - SZ über DAO) betrieben. In der Regel sind dies alle Teilhabenden innerhalb einer Blockchain (also alle Leute, die anteilig eine Kryptowährung besitzen). In diesen DAO-Netzwerken werden die Informationen entweder auf allen Nutzer:innen gleich oder nutzungsbasiert verteilt. Denkbar ist, dass innerhalb einer DAO auch Ressourcen extern angemietet werden, um innerhalb dieser Netzwerke mehr Leistung bereitstellen zu können. Denn wer mehr Leistung in den Netzwerken bereitstellt, wird auch mehr entlohnt. Die Idee ist nämlich, dass innerhalb der Netzwerke der Aufwand durch eben die Kryptowährungen entlohnt wird. Dabei ist aber zunächst der Token - also die Einheit im Netzwerk - egal. Die Tokens werden später gegen andere Token getauscht werden können. Denkbar sind also spezielle Service-Kryptowährungen, die nur innerhalb des Netzwerkes genutzt werden, deren Wert erst durch das externe Tauschen (und somit den Kauf von Rechenleistung/Speicherplatz etc.pp) entstehen.

Web 3.0 Idee oder Produkt?

Mit diesem Wissen im Hinterkopf, erscheinen die aktuellen Entwicklungen in Hinsicht auf Web 3.0 ambivalent. So gibt es beispielsweise die Web 3.0-Foundation. Diese Organisation sieht auf den ersten Blick sehr visionär aus. Aber Vorsicht: Es geht um ein Produkt.

Die Idee bzw. die Vision von Web 3.0 entzieht sich jeder Kontrolle. Und damit kann eigentlich keine Firma als Technologieträger eine zentrale Rolle spielen. Die (aktuellen) Produkte der Web 3.0-Foundation sind wenig visionär, vielmehr stärken sie das eigene Geschäftsmodell (machen es aus). Die Idee von Web 3.0 ist deutlich größer und es wird sicherlich noch dauern, bis sich Web 3.0 wirklich etabliert hat.

Die Schattenseiten (heute) von Web 3.0

Neben der kritischen Rolle (nur kritisch - nicht schlecht!) der Web 3.0-Foundation gibt es noch andere Schattenseiten von Web 3.0. Bei einem Blick auf die DAO wird schnell klar, dass sich hier genauso Monopole gebildet haben, wie sie doch mit Web 2.0-Firmen wie AWS oder Microsoft kritisiert werden. Anders gesagt: Es gibt bereits jetzt schon Monopolisten, die die Entwicklung der DAO-Netzwerke bestimmen können. Inwiefern diese Macht aktiv genutzt wird, sich etablierte Coins überhaupt anbieten oder ob es eine neue Generation von Coins braucht, muss abgewartet werden.

Ein weiterer negativer Punkt ist, dass in den Netzwerken - hier hauptsächlich in den Blockchains - der Energiebedarf von jeder Endnutzer:in individuell bestimmt wird. Ich meine damit die Debatten, die beispielsweise über den Energiebedarf von Bitcoin-Mining in jüngster Vergangenheit geführt wurden. Wenn nun mit Web 3.0 ein Mining ganz wesentlich wird und nur so auch Geld verdient werden kann, wird sich diese Diskussion sicherlich erneut aufdrängen.

Der dritte große Kritikpunkt, den ich sehe, ist die Unkontrollierbarkeit des Netzwerkes. Informationen, die im Netzwerk sind, werden überall abgelegt (teilweise auch nur in kleinen Paketen). Wenn ich jetzt die Legitimität der Information zurückziehe, kann ich dies wunderbar über die Blockchain machen. Die Daten verschwinden damit jedoch nicht. Es wird ungleich schwerer, Inhalte aus dem Web 3.0-Internet zu löschen. Was vor dem Hintergrund von Zensur als positiver Aspekt wahrgenommen werden muss, wird bei eher negativ konnotierten Inhalten wie Hassrede, Gewalt und Verleumdung schnell zum Problem. Üble Nachrede lässt sich bei Facebook löschen - in einem P2P-Netzwerk vermutlich nicht.

Web 3.0 ist die Vision eines besseren Internets

Aber neben den Schattenseiten bleibt an der Vision Web 3.0 viel Positives. Mit Web 3.0 wäre wirklich ein freies Internet möglich. Nutzer:innen sind nicht mehr das Produkt der Technologiegiganten, sondern werden selber zu den Betreibern und so Gewinnern dieses Netzwerkes.

Es bleibt abzuwarten, inwiefern sich Web 3.0 als Idee von Produktideologien weniger Techkonzerne emanzipieren kann. Mit Glück ist die Vision Web 3.0 mehr als ein Buzzword, mehr als Geldmache. Mit ganz viel Glück wird Web 3.0 das große Ding der kommenden Dekaden.